Wolfenbüttel/Genf/Frankfurt/Berlin. Die Kirchen müssen die Rehabilitierung des Krieges als Instrument der Konfliktbearbeitung zurückweisen. Das fordert der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Professor Dr. Konrad Raiser (Genf), in der neuen Ausgabe von "Synode direkt", dem Journal aus der braunschweigischen Landeskirche. Der amerikanischen Regierung wirft er "imperiales Denken" vor. Die offene Drohung mit Krieg als politischem Druckmittel stehe in Widerspruch zu den völkerrechtlichen Grundsätzen der Vereinten Nationen.
Kriege, so Raiser, würden geführt, um einem Gegner die Bedingungen des Friedens zu diktieren. Die Konfliktursachen würden aber selten oder nie durch einen militärischen Sieg beseitigt. Deshalb sei der Frieden mehr denn je eine zivile und politische Aufgabe. Denkbar seien aber "bewaffnete Polizeiaktionen" der Vereinten Nationen. Sie hätten nicht das Ziel, einen Gegner zu vernichten, sondern die für den Bruch der Friedensordnung Verantwortlichen der Justiz zuzuführen.
Kritik an den USA übt in der aktuellen Ausgabe von "Synode direkt" auch der langjährige Leiter der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), Professor Dr. Ernst-Otto Czempiel (Frankfurt). Er wirft der Regierung Bush vor, den Terrorismus als Vorwand zu benutzen, um langfristige strategische Ziele durchzusetzen. Den Angriff auf das World Trade Center mit einem Krieg zu vergelten sei "dysfunktional" und könne deshalb nicht zum Erfolg führen. Ein Krieg werde den Terrorismus nicht besiegen, sondern anstacheln: "Die Folge könnte eine Welt in Flammen sein, denn die Gefahr ist groß, dass durch die pointierte Anwendung klassischer imperialistischer Gewaltmaßnahmen der Terrorismus geradezu explodiert."
Die USA, so Czempiel, hätten sich aus den Bindungen an die europäischen Alliierten und selbst das Völkerrecht gelöst. Sie bezögen eine unilaterale Position, in der sie zu der Meinung verführt werden, sie könnten sich alles leisten und bräuchten überhaupt keine Rücksicht mehr zu nehmen. Nicht, dass die Regierung Bush nicht wisse, wie die Europäer denken, es interessiere sie nur einfach nicht mehr.
Eine neue Kultur der Prävention fordert in derselben Ausgabe von "Synode direkt" der ehemalige Generalsekretär der deutschen Sektion von Amnesty International (ai), Volkmar Deile (Berlin). Das Recht des Stärkeren müsse durch die Stärke des Rechts ersetzt werden. So genannte humanitäre Interventionen seien fragwürdig, denn man könne das Recht auf Leben nicht mit Mitteln verteidigen, die das Recht auf Leben verletzen: "Deshalb kann Krieg nicht die Fortsetzung der Menschenrechtspolitik mit anderen Mitteln sein."
Deile fordert eine politische Aufwertung der Friedensdienste sowie den konkreten Einsatz für die Minderung von Gewalt. Aktionen aktiver Gewaltfreiheit seien nötig als Movens für die Veränderung der Politik. An die Kirchen appelliert er, ein klares Wort gegen die Massenvernichtungswaffen und deren Weiterverbreitung zu sprechen. Außerdem dürfe der "gerechte Krieg" nicht wieder zum Leben erweckt werden.
Die neue Ausgabe von "Synode direkt" ist kostenlos erhältlich bei der Pressestelle der braunschweigischen Landeskirche, Dietrich-Bonhoeffer-Straße 1, 38300 Wolfenbüttel, Telefon 05331/802108, Fax 05331/802700, E-Mail: ips(at)luth-braunschweig.de oder Internet: www.luth-braunschweig.de. mic
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16.12.2002
Kategorie: Pressestelle